Das Reitboden Einmaleins – Dynamik im Reitboden

Seit vielen Jahren hat sich bei jedem aufmerksamen Reiter in der Praxis ein Erfahrungsschatz festgesetzt: Eine „gute“ Bodenbeschaffenheit fördert nicht nur das Leistungsvermögen des Pferdes, sondern dient auch seinem Wohlbefinden und vor allem seiner Gesundheit. Diese Erfahrungen aus der Praxis sind zwischenzeitlich auch durch wissenschaftliche Untersuchungen bestätigt worden.

Den Ablauf des Huf-/Bodenkontaktes unterteilt man grundsätzlich in drei dynamische Komponenten:

Der Kraftabbau ist die Fähigkeit eines Bodens, die beim Auffußen überwiegend vertikal einwirkenden Kräfte aufzunehmen und abzubauen, indem sich dieser verformt und dabei teilweise komprimiert.

Die Energierückgewinnung ist demgegenüber seine Fähigkeit, beim folgenden Wiederabfußen, einen Widerstand zu entwickeln.

Die Scherfestigkeit ist die horizontale Komponente, die dem Huf in seiner Vorwärtsbewegung zunächst eine begrenzte Gleitphase ermöglicht, aber dabei zunehmend einen Kraftschluss aufbaut.

Zu fester Boden: Belastung geht auf die Gelenke

Zu weicher Boden: Belastung geht auf die Sehnen

Systemboden: Belastung verteilt sich gleichmäßig

Das komplexe Reitbodensystem

Reitböden sollen nutzungsbedingte Belastungen sowie Witterungs- und Klimaeinflüsse über einen möglichst langen Zeitraum optimal erfüllen. Sie sollen dabei in der Lage sein, unterschiedliche Be­lastungsprofile in möglichst schonender Weise aufzunehmen und gleichzeitig von Witterungsein­flüssen wie Regen, Sonne und Wind möglichst unabhängig sein.

Dabei ist das lose, weiche bis plastische, trockene bis wassergesättigte 3-Phasen-Sandgemisch, welches aus Sandkörnern, Porenraum und dem Wasser besteht, zum Teil Extrembeanspruchungen ausgesetzt, wenn z. B. bei wolkenbruchartigen Niederschlägen selbst dann noch konstante Bedingungen geboten werden sollen, wenn Punktbelastungen in der Landezone von Hindernissen auf den Boden einwirken. Auch wenn Zuschlagstoffe, wie Vlies, Holz oder bindige Bestandteile, die Eigen­schaften des Bodens zum Teil verbessern können, so ist doch in der Regel das Sandgemisch entscheidend für die grundlegenden Eigenschaften.

Aber wie bereits erwähnt, kann Sand nur im Zusammenspiel mit Feuchtigkeit die dynamischen Kräfte überhaupt erst aufnehmen, denn im trockenen Zustand handelt es sich eigentlich um eine Packung aus mehr oder weniger runden Einzelkörnern. Die können zwar eine gewisse Verzahnung aufbauen (s. Grafik, Zustand 1), sind dabei aber labil und verformbar, selbst wenn sie infolge von Komprimierung vorübergehend eine gewisse Stabilität entwickeln können.

Dank seiner physikalischen Fähigkeiten vermag aber das Korngerüst des Sandes durch Wasser einen zunehmenden Haftungs- und Reibungsschluss zu entfalten. Je näher dieser dem materialspezifischen Optimum kommt (s. Grafik, Zustand 2), desto besser kann der Reitboden die dynamischen Belastungsanforderungen in idealer Weise erfüllen.

Wird der Scheitelpunkt überschritten, verflüssigt sich das Gemisch zunehmend (s. Grafik, Zustand 3). Wasser gibt dem Sand durch die Adhäsionskräfte also ­seine Festigkeit, wobei sich aber zu jeder Zeit der momen­tane Zustand den sich verändernden, ­dynamischen Kräften anpasst. Dies geschieht durch seine mehr oder weniger starken plastischen Verformungen. Je ­höher die Belastungen sind, desto höher muss der relative Wassergehalt der Tretschicht sein, damit die dadurch verursachten Verformungen in gewissen Grenzen bleiben, um den Bewegungsapparat der Pferde zu schonen, d. h. die durch das Auffußen einwirkende Energie soll durch Korn-zu-Korn-Reibung abgebaut werden. Die dafür erforderliche Zusammensetzung des Tretschicht­sandes können ­generell quarzkorn­haltige Sande am besten erfüllen.

Damit der Sand aber auch wasserdurchlässig bleibt, ­sollte das Sandgemisch möglichst wenig bindige Bestandteile aufweisen, da diese eine Sperrwirkung entwickeln. Dieses würde zu einer Verringerung der Wasserdurchlässigkeit bis hin zur Wasserundurchlässig­keit, verbunden mit einer schmierigen oder breiigen Tretschichtoberfläche, führen.

Solche speziellen Anforderungen können am besten durch industriell hergestellte Quarzsande mit hoher Reinheit erfüllt werden, da sie einen fein­körnigen und stetigen Kornaufbau aufweisen, was zu einer dichten „Kugelpackung“ führt, die wiederum hohe Reibungswiderstände zeigt.

Abhängigkeit der Scherfestigkeit von Reitsanden vom Wassergehalt